„Die Secondos haben nicht vergessen, weshalb ihre Grosseltern oder Eltern aus verarmten Gegenden Italiens oder aus dem vom Krieg versehrten Jugoslawien in die Schweiz eingewandert sind. Das heisst, anders als die Alteingesessenen haben sie ein historisches Bewusstsein. Also schlägt nun die Stunde der Neo-Schweizer. Sie sind gefordert, sie müssen es machen, wie in den Gründerjahren unseres Staates. Damals gingen die Klügsten und die Mutigsten in die Politik, um inmitten der Kaiserreiche eine radikale Demokratie zu schaffen. Es könnte spannend sein, dieses Projekt neu zu lancieren.“
Thomas Hürlimann, Schriftsteller mit Zuger Wurzeln, am 1.7.2011 im „Tages-Anzeiger“

real democracy 2011 – hier wählen alle!
Entwicklung der Zuger Demokratie
Second@s Plus Zug erweitert die Demokratie
Wir sind nicht allein!


real democracy 2011 – hier wählen alle!

Der Wahlherbst 2011 naht. Die jetzige Zuger Vertretung im National- und Ständerat besteht aus fünf Männern. Doch es fehlen nicht nur Zuger Frauen in Bern. Es fehlt auch an Zuger VertreterInnen mit Migrationserfahrung. Dabei verfügt jede dritte Person in der Schweiz über einen Migrationshintergrund! Und der Kanton Zug hat den höchsten Ausländeranteil in der gesamten Zentralschweiz: Ende 2009 waren es 23.3 Prozent.

Dieser vielkulturellen Realität vom Zugerland wird bei den Wahlen 2011 kaum Rechnung getragen. Der Verein Second@s Plus Zug schafft hier symbolische Abhilfe und gleichzeitig einen Beitrag für eine wirkliche Demokratie.

Wir präsentieren für die National- und Ständeratswahlen 2011 eine eigene Liste mit fünf Kandidierenden: drei für den Nationalrat und zwei für den Ständerat. Gegensatz zu den anderen Parteien kandidiert bei uns auch eine Frau für den Ständerat. Und im Gegensatz zu den anderen Listen können bei uns auch Migrantinnen und Migranten ohne Schweizerpass wählen und gewählt werden. Das ist real democracy 2011!

Wer den Schweizerpass und somit die politischen Aktivrechte nicht hat, kann unsere Kandidatinnen und Kandidaten auf dieser Website – und nur hier – online wählen. Wer im Kanton Zug das Stimm- und Wahlrecht hat, kann bei den offiziellen National- und Ständeratswahlen mitmachen und darf selbstverständlich auch bei uns wählen, um seine oder ihre Sympathie mit diesem Projekt auszudrücken. Denn wir erweitern die Demokratie.

Für die Themen der am meisten gewählten Kandidierenden und für weitere Anliegen wird sich Second@s Plus Zug ausserparlamentarisch einsetzen.

Das gilt insbesondere auch für das Stimm- und Wahlrecht für im Kanton Zug niedergelassene ausländische Staatsangehörige. Unterzeichnen Sie unsere Online-Petition – auch hier gilt: alle Urteilsfähigen dürfen mitmachen!
real democracy 2011 ist ein künstlerisches und integrativ-politisches Projekt von Second@s Plus Zug. Erfahren Sie nun mehr über die historischen Hintergründe demokratischer Erweiterungen.

Entwicklung der Zuger Demokratie
Von den Schweizer Männern zu den Schweizer Frauen
Die Geschichte des Wahlrechts zeigt, dass Demokratie immer wieder erweitert werden muss und soll. Fangen wir beim modernen Bundesstaat an: 1848 konnten im Kanton Zug alle christlichen Männer stimmen, wählen und gewählt werden. Und seit 1856 gilt das Stimm- und Wahlrecht auf Bundes- und auf kantonaler Ebene auch für jüdische Schweizer Männer. Aber vor 1874 konnten nur Gemeindebürger bei Gemeindeangelegenheiten mitbestimmen. Seit 1874 war es auch Schweizer Männern aus anderen Kantonen und Gemeinden möglich, in ihrer Wohngemeinde abzustimmen und zu wählen.

Erst knapp 100 Jahre später 1971, führte der Kanton Zug gleichzeitig mit der Eidgenossenschaft das Stimm- und Wahlrecht auch für Schweizer Frauen ein. Im Kanton Appenzell Innerrhoden dauerte es übrigens bis 1991, bis die Frauen auch kommunal und kantonal mitbestimmen konnten. Es brauchte dazu einen Bundesgerichtsentscheid.

Bis in die späten 1970er-Jahre konnten nicht nur die Straffälligkeit, sondern auch die Zahlungsunfähigkeit ein Grund sein, um in der Schweiz vom Stimm- und Wahlrecht temporär ausgeschlossen zu werden. Das erinnert an alte Zeiten, als politische Mitbestimmung nicht nur ans Gemeindebürgerrecht, sondern an Besitz gekoppelt war und auch vom Lebenswandel abhängen konnte.

Doch seit 1978 gibt es solche Einschränkungen nicht mehr. Seither haben „nur“ noch Personen, die bevormundet sind, keine politischen Aktivrechte. Und im Kanton Zug leider auch Personen ohne Schweizer Pass.

AuslandschweizerInnen und AusländerInnen
Für im Ausland lebende Schweizerinnen und Schweizer ist das Stimm- und Wahlrecht auf Bundesebene seit 1992 in Kraft. Auch Zugerinnen und Zuger, die im Ausland leben, dürfen bei eidgenössischen Vorlagen mitbestimmen. Einige Kantone kennen dieses Mitbestimmungsrecht auch für die kantonale Ebene. In Zug hat der Regierungsrat einen solchen Vorschlag 2009 befürwortet. Er wurde aber vom Parlament abgelehnt. Also ist diese Erweiterung der Demokratie immer noch aktuell.

Die Anzahl der aus dem Kanton Zug stammenden AuslandschweizerInnen ist relativ klein. Ganz anders die Gruppe der im Kanton Zug lebenden Ausländerinnen und Ausländer: Es handelt sich um rund 26‘000 Personen (ständige ausländische Wohnbevölkerung, Stand Ende 2009). Die Mehrheit von ihnen sind Niedergelassene. Niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer können im Kanton Zug in kirchlichen Angelegenheiten sowohl bei der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde wie auch in allen katholischen Kirchgemeinden mitbestimmen.

Dagegen existiert im Kanton Zug kein Stimm- und Wahlrecht für ausländische Bürgerinnen und Bürger auf der Ebene der Einwohnergemeinde oder des Kantons. Ausländische Staatsangehörige haben in knapp einem Drittel der 26 Schweizer Kantone die Möglichkeit, mit ihrer Stimme am politischen Prozess teilzunehmen. Die Kantone Neuenburg und Jura kennen das kommunale und kantonale Stimm- und Wahlrecht. In den Kantonen Genf, Waadt und Freiburg existiert das kommunale Ausländerstimm- und -wahlrecht. Graubünden und Appenzell Ausserrhoden überlassen es ihren Gemeinden, ein solches kommunales Stimmrecht einzuführen. Dies haben zum Beispiel die Gemeinden Trogen und Wald (AR) verwirklicht.

Vorstösse für mehr Demokratie
In verschiedenen Deutschschweizer Kantonen gab oder gibt es Initiativen oder andere Vorstösse für eine Erweiterung der Demokratie auf AusländerInnen. Im Kanton Zug wurde ein entsprechender parlamentarischer Vorstoss 2006 von der Mehrheit des Kantonsrats zwar abgelehnt. Aber auch das Frauenstimmrecht und andere Erweiterungen der Demokratie brauchten mehrere Anläufe…

Second@s Plus Zug erweitert die Demokratie
Wir schlagen in einem ersten Schritt die Einführung des kommunalen Stimm- und Wahlrechts für niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer in den Zuger Gemeinden vor. Und zwar mittels einer Petition, die alle urteilsfähigen Personen unterzeichnen können – ob mit oder ohne Schweizerpass!

Diese Petition steht in einer bewährten Tradition der schweizweiten Bewegung der Second@s Plus – mehr dazu erfahren Sie hier.

Weil es Motionen und Volksinitiativen für ein Ausländerstimmrecht in der Deutschschweiz momentan schwer haben, wollen wir Second@s Plus Zug die Erweiterung und Bewahrung der Demokratie zuerst künstlerisch anregen und sensibilisieren: mit unserer symbolischen Kandidatur für den National- und Ständerat.

Am 17. Juli 2011 fand der Fototermin mit unseren Kandidatinnen und Kandidaten beim Zuger Bahnhof statt. Alle fünf sind sozial, beruflich oder schulisch engagiert und leben gerne im Kanton Zug. Alle fünf haben keinen Schweizerpass. Und alle fünf haben konkrete Ideen und Forderungen für mehr Demokratie in der Schweiz und im Kanton Zug.
Mehr über unsere Kandidierenden erfahren Sie bei Ständerat 2011 und Nationalrat 2011.

Und mehr zur real-democracy-2011-Wahl erfahren Sie bei hier.

Wir sind nicht allein!
Kreative und teils künstlerische Projekte für mehr Demokratie und Partizipation stellen beispielsweise auch die „Landsgemeinde Zürich“ oder das Projekt „City of Change St. Gallen“ dar. Es gibt aber noch mehr originelle Vorort-, Wander- oder Online-Aktivitäten für eine Erweiterung von Staatsbürgerschaft und Staatsbürgerrechten. Sie finden einige Beispiele bei unseren Links.